Interview mit ÜBERSETZER UND DOLMETSCHER -      Pablo Román Pérez y Torres

Vorneweg, Sr. Pérez Torres, danke, dass Sie sich für dieses Interview Zeit genommen haben. Zuerst werden wir ein paar Fragen über Ihr Leben stellen und dann in den beruflichen Werdegang kurz eingehen.

Also, Ihr vollständiger Name ist Pablo Román Pérez Torres, ist das richtig?

Ja, in der Geburtsurkunde ist auch noch das „y“ dazwischen. Also zwischen Pérez und Torres, aber das ist nur in der Geburtsurkunde.

 

Wann und wo wurden Sie geboren?

Ich wurde am 20. September 1964 in Montevideo, Uruguay, geboren.

 

Nun zu Ihrer Familie. Gibt es einen familiären Bezug zu Deutschland?

Der Bezug zu Deutschland kommt von meinem Vater, der eine Vorliebe für deutsche Philosophen hatte, die er mir auch in die Wiege gelegt hat - auch die Liebe zur deutschen Kultur und zur deutschen Sprache. So hat sich das dann ergeben.

Ich habe auch in der Schule schon die Möglichkeit gehabt, Deutsch zu lernen, zwar nicht viel, aber ein paar Stunden pro Woche. Außerdem war ich auch oft in Deutschland, weil ich väterlicherseits Verwandte in der Nähe von Stuttgart hatte.

 

Von welchen Verwandten sprechen Sie da?

Ich spreche da von meinen Cousins, usw. Diese habe ich dann ab und zu besucht und hatte natürlich Einblicke in „The German Way of Life“.

 

Haben Sie auch Geschwister?

Ich habe eine Schwester.

 

Wie ist Ihr aktueller Familienstand? Sind Sie verheiratet?

Ich bin in einer Lebensgemeinschaft. Wir haben in Uruguay einen Ausdruck dafür, der in Spanien missverstanden werden könnte: Das nennt sich „unión concubinaria", also eine Lebensgemeinschaft bzw. eine eheähnliche Gemeinschaft. Wenn man mindestens fünf Jahre mit jemandem zusammen ist, dann ist es mehr oder weniger „de facto“, und so auch de jure der Ehe gleichgestellt.

 

Wie war Ihre Kindheit?

Da kann ich nur das wiederholen, was Freud einmal gesagt hat: Die ersten zehn Jahre sind wichtig im Leben eines Kindes und meine ersten zehn Jahre waren wunderschön, also an meine Kindheit habe ich sehr, sehr gute Erinnerungen.

 

Sie haben schon kurz erwähnt, dass Sie in der Schule Deutsch gelernt haben. In welchem Alter haben Sie damit begonnen?

Es war relativ früh. Mit acht Jahren.

 

Ist es üblich in Uruguay, dass man schon so früh anfängt, Deutsch zu lernen? War das eine besondere Schule, auf die Sie gegangen sind?

Als ich sieben oder acht Jahre alt war, sind wir von Uruguay nach Spanien gezogen. In Uruguay habe ich schon angefangen Deutsch zu lernen, da es dort eine sehr gute deutsche Schule gibt. Aber aufgrund der damaligen politischen Situation haben wir das Land verlassen. Wir hatten die Möglichkeit, dadurch, dass mein Vater einen spanischen Pass hatte, mit der Familie nach Spanien zu ziehen.

Ich habe schon im frühen Alter gemerkt, dass Sprachen mein Ding sind und ich wollte etwas mit Deutsch machen. Damals gab es in Spanien die Wehrpflicht und die Wehrpflicht konnte ich umschiffen, wenn ich ins Ausland ging. Das war für mich ein Grund, in Deutschland „Übersetzen und Dolmetschen" zu studieren. Auch natürlich angesichts der Tatsache, dass damals der Studiengang in Spanien noch nicht so etabliert war wie heutzutage. Dann habe ich angefangen mit Anglistik und Romanistik. Ich wollte Lektor werden, also Literatur übersetzen. Ich hatte dann aber in einer Klausur eine Zwei und es hat mir gar nicht gefallen, ich wollte unbedingt eine Eins. Daraufhin hat mir eine Dozentin den Tipp gegeben, ich sollte doch „Übersetzen und Dolmetschen studieren“. Ich habe mich dann an drei Unis beworben: Germersheim, Saarbrücken und Heidelberg. Es gab aber ein Problem: Dadurch, dass mein spanisches Abitur damals nicht sofort anerkannt wurde, habe ich mich mit dem nicht so guten deutschen Abitur beworben. Deswegen musste ich fünf Jahre warten, bis ich Englisch studieren konnte. Aber beim fünften Anlauf hat es geklappt und das war etwas, was ich nie vergessen werde, weil ohne Englisch, wie jeder weiß, gar nichts läuft. Im Wintersemester 1987/88 habe ich dann mit dem Studium in Germersheim angefangen und habe es vor 30 Jahren mit Deutsch und Italienisch abgeschlossen. Ein Jahr danach, 1994, habe ich auch noch den Übersetzer in Englisch gemacht, weil ich, wie gesagt, nach fünf Jahren noch mit Englisch reingekommen bin.

 

Sehr interessantes Thema, weil Sie gerade die Sprachen erwähnt haben, die sie alle beherrschen: Italienisch, Englisch, Spanisch, Deutsch. Sprechen Sie noch eine fünfte Sprache?

Na ja, mit Katalanisch bin ich natürlich auch insofern aufgewachsen, weil ich das alles mitgekriegt habe. Francos Tod löste ja eine Welle der katalanischen Sprache aus. Ich habe zwar Katalanisch nicht in der Schule gehabt, aber ich bin damit mehr oder weniger groß geworden. Vor allem durch die Medien, durch das Fernsehen, durch das Radio. Ich würde daher sagen, dass ich Katalanisch, zumindest passiv, sehr gut beherrsche. Aktiv ist natürlich etwas Luft nach oben, aber ich habe auch schon aus dem Katalanischen ins Deutsche übersetzt.

 

Sie haben erwähnt, dass Sie mit acht Jahren nach Spanien gezogen sind. Sind Sie dann direkt nach Barcelona gezogen?

Zuerst Valencia und dann Barcelona, aber auch noch während der Kindheit.

 

Und das war auch der Bezug zum Katalanischen?

Ja, vor allem durch Barcelona, weil das Katalanische bzw. Valencianische damals in Valencia noch nicht so „in“ war wie heutzutage. Man muss bedenken, dass es kurz nach Francos Tod war, und die Katalanen den Dialekt dann eher durchgesetzt haben als die Valencianen, die es später durchgesetzt haben.

 

Dann würde ich noch ein paar Fragen über Deutschland stellen. Wie war Ihre Anfangszeit in Deutschland? Hatten Sie Probleme bzw. gab es eine große Umgewöhnungszeit für Sie?

Ja, eigentlich schon. Weil es schon sehr unterschiedliche Kulturen sind, angefangen mit der Disziplin, mit der Pünktlichkeit, usw. Aber dadurch, dass ich als Kind auch oft in Deutschland war und die Verwandten besucht habe, hatte ich es schon ein bisschen verinnerlicht. Es war aber schon eine Umstellung auf jeden Fall. Aber da ich die Sprache konnte, war das natürlich die halbe Miete. Das erleichtert die Integration.

 

Gibt es noch irgendwelche Traditionen, Feiertage oder Gerichte, die Sie aus Uruguay nach Deutschland übernommen haben und jetzt immer noch feiern oder pflegen?

Ja, eigentlich aus Spanien. Ich würde schon Spanien als meine zweite Kultur bezeichnen und Uruguay als die erste. Es sind auch unterschiedliche Kulturen. Wenn wir das alles auf den Aspekt der Interkultur, der immer wichtiger wird, berücksichtigen, zeigt sich das bei Uruguay natürlich durch die Speisen, wie zum Beispiel Asado oder Dulce de Leche. Ich habe das Glück, dass ich hier auch in der uruguayischen Community mehr oder weniger gut integriert bin. Wir treffen uns ab und zu und kommunizieren über eine WhatsApp-Gruppe. Also das macht schon viel her.  Eine Tradition zum Beispiel, die wir in Uruguay haben, ist, dass wir sonntags Pasta essen. Wenn es geht, mache ich das schon öfter, auch, weil ich hier weniger Fleisch esse oder zumindest ein, zwei Mal die Woche Pasta, und Sonntag ist der traditionelle Pasta-Tag bei uns. Das haben wir natürlich auch sicherlich den Italienern zu verdanken, die nicht so groß vertreten sind wie im Nachbarland Argentinien, aber sie haben natürlich auch ihre Spuren hinterlassen.

 

Haben Sie eine uruguayische, deutsche und spanische Staatsbürgerschaft?

Ja, weil ich eine EU-Staatsbürgerschaft habe. Sonst hätte ich die deutsche und die spanische nicht annehmen können. Die uruguayische Staatsbürgerschaft verliert man nicht so einfach und die würde ich nie im Leben abgeben. Aber das hat sich so ergeben. Ich habe dann irgendwann gesagt: „Warum nicht auch die deutsche? Ich könnte berufliche Vorteile haben, wer weiß; und wenn es nicht geht, habe ich damit auch kein Problem.“ Wenn wir schon bei diesem Thema sind, ich habe drei Seelen in meiner Brust und die drei Seelen kommen miteinander super aus. Kein Problem.

 

Es sind zum Teil sehr unterschiedliche Kulturen und unterschiedliche Seelen. 

Natürlich. Also Spanien und Uruguay sind zwei unterschiedliche Kulturen. Was sie gemeinsam haben, ist natürlich die Sprache. Es gibt aber Unterschiede, auch innerhalb der Sprache, aber auch die Traditionen. Das will ich jetzt nicht vertiefen. Wir küssen uns zum Beispiel einmal auf die rechte Wange, in Spanien zweimal, in Belgien dreimal. Also es gibt auch innerhalb der gleichen Sprache interkulturelle Unterschiede.

 

In Deutschland küsst man sich zum Beispiel gar nicht.

Ja, Deutschland, Spanien und Uruguay sind natürlich wie „night and day“, das ist klar. Aber zwischen den beiden Teilen, die eigentlich an sich mehr Gemeinsamkeiten haben, gibt es auch Unterschiede. Also das muss man natürlich auch an dieser Stelle sagen.

 

Fällt es Ihnen schwer, sich direkt wieder anzupassen? Angenommen, Sie würden jetzt nach Spanien reisen; kann man sich an die spanische Lebensweise eher schneller gewöhnen, oder denkt man am Anfang: „Das ist jetzt schon irgendwie anders als gerade in Deutschland?”

Ich bin in Spanien aus geografisch naheliegenden Gründen häufiger als in Uruguay und es ist an sich kein Problem, mich an den „Spanish Way of Life“ anzupassen. Dass ich dann um 10:00 Uhr zu Abend oder um 16:00 Uhr Mittag esse, macht mir nichts aus. Also ich switche sehr gut zwischen diesen Kulturen. Das bereitet mir kein Problem.

 

Jetzt ein ganz anderes Thema. Wir wissen, dass Sie sehr fußballbegeistert sind. Haben Sie neben dem Fußball auch noch andere Interessen, für die Sie das gleiche Feuer haben?

Ja, natürlich. Geschichte interessiert mich sehr, Politik auch. Aber ich mag auch andere Sportarten. Ich habe jetzt zum Beispiel die Handball WM intensiv verfolgt, weil ich selbst früher Handball gespielt habe. Außerdem habe ich auch Hockey gespielt; also Sport an sich interessiert mich sehr. Fußball ist natürlich top. Das wird man vielleicht nachher vertiefen, weil dann die Leidenschaft mit dem Beruf verschmilzt. 

 

Wir haben Ihr Privatleben vorhin ein bisschen mehr vertieft. Jetzt gehen wir näher auf den beruflichen Werdegang ein. In welchem Alter ist Ihnen klar geworden, dass Sie mit Sprachen arbeiten wollen?  Sie haben schon relativ früh mit Deutsch angefangen und das Interesse daran entwickelt, auch wegen Ihrem Vater. Und das Interesse am Beruf des Dolmetschers und Übersetzers kam fast im Uni-Alter, als das mit dem Lektorwesen nicht so gut geklappt hat.

Ja, das ist so gut zusammengefasst. Also Sprachen auf jeden Fall, weil ich Sprachen auch im deutschen Abitur gehabt habe. Ich habe auch Englisch als Leistungskurs gehabt und deswegen natürlich auch Anglistik und Romanistik. Da habe ich früh gemerkt, dass es eine brotlose Kunst ist. Vor allem als Lektor einen Job zu bekommen, ist sehr unwahrscheinlich. Und den Tipp der damaligen Dozentin, die selbst Dolmetscherin und Übersetzerin bei der NATO war, dass Übersetzen und Dolmetschen für mich das Ding ist, habe ich beherzigt und ich glaube, dass ich diesen Schritt nie bereut habe.

 

Dann stellt sich die Frage, ob Sie neben dem Dolmetschen und Übersetzen noch andere Jobs hatten. Haben Sie nach Ihrer Schulzeit noch andere Berufe ausgeübt?

Während des Studiums habe ich auch gejobbt und auch schon übersetzt bzw. gedolmetscht. Ich habe auch Unterricht gegeben, und zwar mit einem Freund. Zusammen haben wir Spätaussiedler unterrichtet, das war ein privater Bildungsträger, dort haben wir Deutsch unterrichtet. Das hat mir auch sehr, sehr viel Spaß gemacht, Stichwort „Interkultur“.

 

Das war bestimmt noch eine gute Übung für Ihren späteren Werdegang als Lehrer.

Auf jeden Fall! Weil ich wie gesagt nicht damit gerechnet habe, Dozent zu werden. Das war aber natürlich schon die halbe Miete, weil man dann natürlich schon Lehrerfahrungen hat.

 

Gibt es irgendwelche bekannten Werke, die Sie übersetzt haben, und für Sie von besonderer Bedeutung waren?

Von besonderer Bedeutung war dieses Buch hier. Das ist ein Band von einer Tagung der Übersetzer, Dolmetscher und Terminologen, und zwar anlässlich des 20. FIT-Weltkongresses, also FIT ist die ,,Fédération internationale des traducteurs“, also der Weltübersetzerverband, die in Berlin 2014 stattfand. Das Jahr 2014 ist ein wichtiges Jahr in der deutschen Geschichte, vor allem, was den Fußball betrifft. Ich habe nie damit gerechnet, dass ich da eingeladen werden würde. Aber ich habe ein Paper eingereicht und habe gedacht: „Ja, warum nicht?“. Dann habe ich zufällig vom damaligen SDI-Direktor, Professor Dr. Meyer, erfahren: „Herr Pérez Torres, Sie sind dabei“. Da habe ich dann einen Vortrag gehalten. Und das ist hier jetzt auch in Buchform unter der Rubrik „Übersetzen und Dolmetschen beim Sport, am Beispiel des Fußballs, translatologische Herausforderungen“. Das klingt natürlich sehr wissenschaftlich. Translatologie ist Übersetzungs- und Dolmetschwissenschaft. 

Ich habe vorher auch Vorträge außerhalb von München gehalten. Ich war 2009 in Bad Urach, das ist, glaube ich, bei Schwäbisch Hall. Da habe ich junge Studenten auf so eine Art Rollenspiel vorbereitet. Sie spielten Diplomaten und lösten irgendwelche weltpolitischen Probleme, Gott sei Dank keinen Krieg. Damals war ein Krieg überhaupt nicht vorhersehbar. Aber ich habe sie vorbereitet auf einen Auftritt als Diplomaten Uruguays. Sie hatten einen zweitägigen Workshop und ich habe ihnen Land und Leute vorgestellt. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht. Das war das eine und dann war ich auch einmal, ich weiß es nicht mehr genau, 2007 oder 2008 an der Uni Tübingen. Da habe ich einen Vortrag gehalten über die damaligen Spannungen zwischen Uruguay und Argentinien wegen ,,pasteras“, also Papierfabriken am Rio Uruguay im Hinblick auf die dortige Umweltverschmutzung.

Ich habe neben dem Dolmetschen und Übersetzen am SDI auch unterrichtet bzw. Einzelunterricht gehalten. Einmal war es für einen Unternehmer, einen CEO und ein anderes Mal war es für einen ganz berühmten Fußballer des FC Bayern. Dem habe ich Spanischunterricht gegeben.

 

Dürfen Sie den Namen verraten?

Ja, Kimmich. Sehr intelligent. Sehr netter Kerl. Es war wirklich eine tolle Sache, eine tolle Erfahrung. Es steht sogar auf irgendeiner Website. Ich habe ihm dann die Vereinshymne von Real Madrid beigebracht, weil ich gedacht habe, vielleicht geht er als Nachfolger von Toni Kroos zu Real... Aber es war eine tolle Sache. Leider ging das nicht sehr lange, weil er immer mehr Stammspieler wurde und dann keine Zeit mehr hatte oder er die Termine oft sehr kurzfristig abgesagt hatte, weil Ancelotti Trainingseinheiten angesetzt hatte.

 

War das zu der Zeit, als Ancelotti bei Bayern tätig war?

Ja, er wurde von Guardiola geholt, aber sagen wir mal so, da fing es an. Da war er noch recht jung, ich glaube, 21 oder 22, und ich habe ihn zum Beispiel gestern gesehen, jetzt ist er richtig ein Mann. 28, drei Kinder. Es freut mich, dass ich ihm ein, zwei Jahre - ab und zu haben wir noch Kontakt - Spanisch beigebracht habe. Mit seinem Französisch-Abi hatte er bereits die Grundlage für Spanisch. Damals waren bei Bayern München auch sehr viele spanischsprachige Spieler. Denken wir an die Zeit von Guardiola, da hatte er die ganzen spanischsprachigen Spieler.

 

Ja, beispielsweise Juan Bernard oder Marc Roca, obwohl er deutlich später kam. Also Martínez, Arturo Vidal…

Ja, das war für ihn auch die Möglichkeit, dass er verstehen konnte, was sie sagen. Ein bisschen verstand er - ab und zu. 

Aber es war wirklich ganz toll.

 

Wenn Sie schon den FC Bayern und Joshua Kimmich erwähnen, hatten Sie vielleicht auch zu dem Verein dann noch eine Verbindung, dass Sie zum Beispiel auch mal für spanischsprachige Spieler dolmetschen mussten?

Ja, ja, klar. Also es gab auch das eine oder andere Interview, was ich dolmetschen musste. Zum Beispiel auch als Ancelotti ein, zwei Mal interviewt wurde. Da war ich in einer sehr interessanten Situation, auf „Stand-By-Modus“. Das Interview war auf Englisch und ich habe dann einfach nur von Zeit zu Zeit ein paar Wörter eingesagt, die er nicht auf Englisch sagen konnte. Und es war natürlich auch ,,the best case“, weil ich auch Italienisch und Spanisch kann und er auch sehr gut Spanisch spricht. Es war sehr, sehr angenehm und auch menschlich, er hat eine sehr, sehr interessante Persönlichkeit. Oder auch eine andere Situation, die mir in dem Zusammenhang einfällt, war mit Luca Toni - das ist schon lange her. Also es gibt schon ein paar Sachen, und natürlich hat Bayern auch damals im Sommer, den Audi Cup durchgeführt und da war ich auch ein paar Mal dabei und habe die Pressekonferenzen gemacht oder für ein paar Spieler übersetzt, wie z.B. für einen Spieler von Real Madrid der auch bei Liverpool gespielt hat - Alvaro Alberoa.

 

Ihr bekanntester Einsatz, den sie als Dolmetscher im Sportbereich hatten, war wahrscheinlich mit Maradona.

Im Sport mit Sicherheit. Heute habe ich auch hier zufällig die Artikel der AZ und TZ gespeichert, wo der Einsatz auch exklusiv berichtet wird, und wenn ich tot bin, wird das wahrscheinlich immer noch auf YouTube sein. Aber eigentlich hatte ich andere Highlights, bevor ich nach München zum SDI gekommen bin. `98 bin ich mit Rainer Brüderle durch Argentinien, Chile und Uruguay getourt, Stichwort „Mercosur“. Und es war dann für mich eine große Ehre, einen Dolmetscheinsatz zu haben, wo Rainer Brüderle sich mit dem damaligen uruguayischen Präsidenten Julio Maria Sanguinetti traf. Damals habe ich auf dem Niveau nur ins Deutsche gedolmetscht, und Sanguinetti hatte eine Dolmetscherin, die auch in Germersheim studiert hatte. Das war auch ganz lustig, dass sich dann zwei Uruguayer in Uruguay trafen, die in Germersheim studiert hatten. Und ja, das war für mich schon ein absolutes Highlight. Und Maradona, klar, ich meine, da sind wir ja schon beim Fußball. Ich habe selbst Fußball gespielt bis zu meinen Verletzungen, und dann kommt das eine zum anderen… Das Dolmetschen mit Maradona war schon geil.

 

Das ist echt eine coole Sache, wenn man im Endeffekt zwei Leidenschaften zusammenbringt.

Wobei ich ganz ehrlich sagen muss, dass Plan B gewesen wäre, die Operation von Martin Demichelis zu dolmetschen, da dieser bei dem Spiel von Michael Ballack schwer verletzt wurde. Der Kollege ist dann ins Krankenhaus gefahren. Ich glaube, es war das Krankenhaus „Barmherzige Brüder", wo die Operation durchgeführt wurde. Und da mein Kollege, ein toller Kollege, Thomas Schmelker, Angst vor dem Dialekt, dem „lunfardo porteño“, hatte, meinte er: „Pablo mach du das und ich fahre ins Krankenhaus mit Demichelis und dolmetsche“. Das hätte mir beruflich auch sehr gut gefallen, da ich sowas noch nie gemacht habe. Ich habe noch nie eine Operation mit Ärzten gedolmetscht. Das wäre auch eine Challenge gewesen.

 

Sicher auch ein schwieriges Vokabular.

Ja gut, Medizin ist auch eine Leidenschaft von mir, weil ich während des Studiums ein Praktikum bei Boehringer Mannheim, heutzutage Roche, gemacht habe. Da habe ich schon im Bereich Medizin die ersten Erfahrungen gemacht. Es hat mir schon Spaß gemacht, beispielsweise Fragebögen für Patienten zu übersetzen, wo man natürlich die Terminologie anpassen muss, weil man nicht mit Fachbegriffen kommen kann, sondern diese und die Terminologie umschreiben muss. Das hat mich auch schon gereizt. Muss ich ganz ehrlich sagen.

 

Jetzt kommen wir zu einem weiteren Punkt, und zwar zu Ihrer Zeit am Sprachen und Dolmetscher Institut (SDI), in München. Seit wann sind Sie hier tätig?

Ich weiß es noch ganz genau. Seit 25 Jahren. Ich bin am 31. August 1998 nach München gekommen und habe hier am 1. September angefangen. Das war ein Montag, da habe ich gleich angefangen. Und das allerschönste Erlebnis war gleich am ersten Tag. Ich wurde nach einem Raum gefragt, weil sie dachten, ich sei auch ein Student, damals sah ich ja jünger aus. Ich bin damals zu dem Job gekommen wie die Jungfrau zum Kind, denn ich habe mich anderweitig beruflich engagiert und interessiert. Ich habe von `96 bis `98 bei König und Bauer Albert in Frankenthal gearbeitet. Das Unternehmen ist dann nach Würzburg gezogen und ich wollte nicht nach Würzburg ziehen und dann habe ich mich anderweitig umgeschaut. Ich hatte zwei Angebote. Ein Angebot in Erlangen am dortigen SDI (heißt natürlich anders, Fremdsprachenakademie), aber nur Teilzeit. Und München war natürlich schon vom Geld und von der Stadt her auf jeden Fall reizvoll, weil es auch die Position der Leitung der spanischen Abteilung, die kommissarische Leitung war, also vorübergehend. Damit war ein absolut neues Feld für mich verbunden, weil man nicht nur unterrichten, sondern auch eine Abteilung leiten musste. Viel Innendienst, muss ich ehrlich sagen, mag ich nicht, ich mag mehr Außendienst. Und dann kam ich hier an. Und dann kam Alicante.

 

Sie haben gesagt, das war eine vorübergehende Leitung.

Ja, mit einem zeitlich befristeten Vertrag.

 

Wie ist das zustande gekommen?

Eine Annonce in der Süddeutschen Zeitung. Da hat mich eine Freundin darauf aufmerksam gemacht. Ich habe das gar nicht auf dem Radar gehabt, weil ich mich so orientiert habe. Ich hatte Angebote, also habe ich mich in Hamburg, Berlin, Frankfurt usw. beworben, aber München hatte ich nie auf dem Radar, und sie hat mich darauf aufmerksam gemacht. Ich habe gezögert: „Ich weiß nicht, Leiter, ich hatte noch nie so etwas gemacht, so einen führenden Posten.“ Aber es hat sich so ergeben. Und wahrscheinlich war, ich vermute mal, ausschlaggebend, dass ich zwei Monate vorher diese Südamerika-Tournee hatte, in Anführungszeichen mit den Ministern. Da haben sie gesagt: „Mei, den könn‘ ma gebrauchen“.

 

Wie lange haben Sie dann diese Leitung der spanischen Abteilung gemacht?

Ein Jahr. Und dann habe ich gedacht - „hm“ - weil es dann zu stressig war. Leitung hieß, wie gesagt leiten, unterrichten und dann noch Freelance und irgendwann habe ich gedacht: „Ich muss was opfern.“ Ich hatte kein Problem, die Leitung zu opfern. Ich konzentriere mich auf das Unterrichten und Freelance oder auf die Außenpolitik. Das liegt mir sowieso mehr. Dann kam Alicante. Wir haben unbedingt einen Partner gesucht. Salamanca wollte uns nicht. Salamanca war damals ein bisschen elitär und Alicante hat sofort „ja“ gesagt. Dann bin ich nach Alicante gegangen, habe dann mit ihnen verhandelt, dann sind wir zurückgekommen. Dann sind sie nach München gekommen, die aus Alicante, die Frau Pulver, die werde ich nicht vergessen und dann wurde der Austauschvertrag unterschrieben. Also Alicante ist mein Kind. Darauf bin ich stolz, weil es eine tolle Stadt ist. Tolle Uni. Ja gut, und dann ,,one thing leads to another“, dann kamen Sevilla, Granada und Valencia, usw.

 

Wie lange waren Sie denn jeweils als Gastdozent dort?

Die ganze ERASMUS-Teaching-Zeit. Es ist so, dass du da acht Stunden halten musst, also fünf bis acht Stunden. Früher waren es sechs, oder fünf bis sechs, und jetzt mittlerweile acht und das ist flexibel. Du kannst es an einem Tag machen. Ist natürlich viel Arbeit, acht Stunden an einem Tag. Aber idealerweise mache ich es an zwei Tagen mit jeweils vier Stunden. Und wenn man das noch mit dem Wochenende verbinden kann, um ein bisschen Tourismus zu machen. Denn in Granada hat es leider nicht geklappt mit der Alhambra, weil es nur geregnet hat. Aber wer weiß, vielleicht geht es mal wieder nach Granada. Oder eine andere Stadt als Austauschdozent. Jetzt, nach der Pandemie, werden die Karten neu gemischt.

 

Sie haben es gerade angesprochen, dass es Ihnen alles zu viel war, mit der Freelancer Tätigkeit, der Leitung der spanischen Abteilung und gleichzeitig als Dozent zu arbeiten. Arbeiten Sie jetzt heutzutage immer noch als Freelancer und als Dozent oder eben nur noch als Dozent?

Na ja, ich würde sagen 60/40, davon 60 % natürlich als Dozent. Was mir auch ganz recht ist, weil ich jetzt in einem Alter bin. Ich würde dann abhängig von Aufträgen sein und so, und das überlasse ich eher jungen Leuten, weil es schon stressig ist, Kundenakquise… Und mit dem Beruf sieht es jetzt auch nicht grad ,,top of the tops“ aus. Es ist immer saisonabhängig. Manchmal gibt es viele Aufträge und manchmal gibt es monatelang nichts. Deswegen bin ich schon ganz gut, dass ich, sagen wir mal 2/3 die Dozentur habe, und 1/3 Nebengeräusche.

 

Gibt es noch Kontakt zwischen Ihnen und Dozenten und den Universitäten aus Alicante, Granada und Sevilla?

Also mit Alicante weniger. Weil das schon eine Weile her ist, dass ich dort war. Bei Granada zwar auch, da ich das letzte Mal im Jahr 2011 in Granada war, aber ich hatte letztens Kontakt mit einer Dozentin. Eine tolle Dozentin, die Dolmetschdozentin ist. Sie hat Schröder, Lafontaine usw. gedolmetscht und sie war hier als Austauschdozentin und mit ihr habe ich nur sporadischen Kontakt. Ich habe ja gesagt, vielleicht geht's mal wieder nach Granada, Sie hat sich sehr gefreut und mich würde es in der Hinsicht auch freuen, nach fast zwölf Jahren wieder nach Granada zu kommen, weil sie jetzt zum Beispiel eine tolle neue Dolmetschanlage haben. Und die würde ich gern kennenlernen, weil als ich dort war, war sie noch nicht fertig. Und normalerweise halte ich bei diesen Gastdozenturen Workshops, die zum Beispiel über lateinamerikanische oder deutsche Geschichte sein können, aber auch Verhandlungsdolmetschen oder Konsekutivdolmetschen. Simultan würde ich auch gerne machen. Und wenn sie schon eine neue Anlage haben, wäre es natürlich ideal, die Anlage dort zu testen. 

 

Eine Frage, die mich persönlich interessiert, wie der Prozess abläuft: Kommen die Universitäten auf Sie zu oder müssen Sie sich bewerben? Wer macht den ersten Schritt?

Na ja, der erste Schritt ist: Du musst zum Auslandsamt als Dozent gehen und fragen: ,,Wie sieht es aus? Gibt es noch Kohle?“, weil wir von Brüssel immer einen Topf kriegen je nachdem wie viel Kohle da ist. Und natürlich bin ich ja fast Erasmusweltmeister, ich war schon so oft Austauschdozent. Ich lasse auch jetzt gern die jüngeren Kollegen gehen, sei es in meiner Abteilung oder in anderen Abteilungen. Also bei mir sieht es natürlich so aus: Eine Möglichkeit wäre entweder nach Spanien als ERASMUS-Austauschdozent zu gehen oder auch nach Italien. Italien ist deshalb interessant, weil viele Italiener Spanisch als zweite oder dritte Sprache haben. Und das ist eigentlich auch nicht schlecht. Aber quantitativ gesehen ist es nun mal so: Wir haben vielleicht mehr italienische ERASMUS-Austauschstudenten als spanische und deswegen sollte man versuchen, das einigermaßen zu nivellieren. Deswegen wäre wahrscheinlich Spanien eher dran als Italien. Wobei ich Italien über alles liebe, aber wahrscheinlich ist es Sache entweder Hirn oder Herz.

 

Aber in erster Linie haben Sie gesagt, Sie wollen eher die jüngeren Erasmusaufenthalte?

Ja, ich meine, es ist nicht einfach, wenn jemand eine Katze oder so hat (ich habe keine Katze), ich bin dann eine Woche weg und was passiert dann mit der Katze oder mit dem Hund? Spaß beiseite. Also da gehört dann auch Planung dazu oder der ,,worst case“ wäre, in der Zeit kommt eventuell ein Dolmetscher- oder ein Übersetzungsauftrag. Was mache ich nun? Da gilt es abzuwägen. Deswegen könnte man sich den Luxus nicht leisten. Was überhaupt gar nicht geht, ist, eine oder zwei ganze Wochen als Austauschdozent im Ausland zu bleiben, weil ich es kurz halten muss. Dann, wie gesagt, Schwerpunkt natürlich die Lehre und dann, wenn noch ein Tag oder zwei Tage übrigbleiben, Tourismus machen. Das ist immer ,,nice to have“, das kann man machen. Aber ansonsten würde ich gerne als Student, wie ihr es seid, für sechs Monate nach Granada gehen. Das wäre natürlich ein absolutes Highlight, weil Andalusien sowieso schön ist und Granada zu verlassen, ohne die Alhambra gesehen zu haben, hat mir das Herz gebrochen.

 

Und als Abschluss für dieses Interview: Gibt es denn berufliche Entscheidungen, die Sie heute vielleicht anders handhaben würden, wenn Sie jetzt die Chance dazu hätten?

Tja, das ist halt die Frage. Also. Ich hätte vielleicht die Möglichkeit gehabt, nach der WM 2006. Ich habe für die deutsche Nationalmannschaft jeden Tag die Pressekonferenzen gedolmetscht, ins Spanische und aus dem Spanischen. Das war natürlich schon mega, fünf Wochen lang mit der Nationalmannschaft in Berlin, jeden Tag Pressekonferenz und da fing eigentlich das Fußballerische an. Da hätte ich sagen können: „Okay, ich setze jetzt alles auf die Karte“, aber wenn es schiefgeht, dann sitzt du auf der Straße. Der Vorteil der Dozentur ist, dass du am Ende des Monats immer deinen Gehaltsscheck bekommst. Und als Freelancer musst du manchmal lange warten, wenn überhaupt. Aber im Nachhinein bereue ich es nicht, weil ich wie gesagt auch gelegentlich mit Fußball zu tun habe. Demnächst auch wieder. Und das ist schon was Nettes.

 

Dann bedanken wir uns auf jeden Fall für das Interview, dass Sie sich die Zeit für uns genommen haben und uns auch weiterhelfen konnten, unseren Wikipediaeintrag erstellen zu können.